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Dreigliederung des sozialen Organismus und Ökologie

Die ökologische Frage als Geistes-, Rechts- und Wirtschaftsfrage

In den 70er und 80er Jahren haben sich "Dreigliederer" wiederholt in ökologischen Fragen - sei es in Bürgerbewegungen, sei es bei den GRÜNEN - engagiert. Seither war es um das Thema "Ökologie und Dreigliederung des sozialen Organismus" eher still geworden. Höchste Zeit, es wieder aufzugreifen, zumal viele Grundprobleme, die sich dabei stellen, bisher wohl kaum hinreichend aufgearbeitet worden sind. Bei einem Arbeitstreffen, zu dem die Initiative "Netzwerk Dreigliederung" für den 1. November in die Freie Bildungsstätte "der hof" in Niederursel eingeladen hatte, war Gelegenheit dazu. Referate hielten u.a. Udo Herrmannstorfer (Die Stellung von Forschung und Entwicklung zwischen Geistes- und Wirtschaftsleben und ihre ökologischen Konsequenzen), Rainer Burkhard (Die ökologische Frage als Geistes-, Rechts und Wirtschaftsfrage) und Heidjer Reetz, der Konkurrenzkampf und Marktmechanismen - am Beispiel vor allem der Problematik der Müllberge - als zentrale Hindernisse gegen ein ökologisches Wirtschaften behandelte. An die Referate schlossen sich jeweils intensive Gespräche an. (Kommentar einer beteiligten Waldorflehrerin zum Nutzen der Tagung: "Die Teilnahme an einem solchen Treffen ist die beste und rationellste Art der Vorbereitung auf die Behandlung derartiger Fragen im Oberstufenunterricht".) Den Beitrag von Heidjer Reetz bringen wir in einer vom ihm selbst überarbeiteten und erweiterten Form (den dritten Teil im nächsten Runrbrief).Die Positionen von U. Herrmannstorfers Referat habe ich versucht, in einem Text zu referieren, der dem Duktus (nicht dem Wortlaut) des Vortrags zu folgt, bei dem aber doch zu beachten ist, daß es sich nicht um einen Originalbeitrag des Vortragenden handelt. Etwaige Verkürzungen wären daher allein mir als dem Referenten anzulasten. Das gleiche gilt für die Problemskizze "Ökonomie und Ökologie", die in freier Weise an einen Vortrag anschließt, den U. Herrmannstorfer wenige Tage vor dem Netzwerktreffen im Rahmen einer Arbeitswoche zum assoziatiativen Wirtschaften gehalten hat. Ich hoffe, daß sich aus diesen Skizzen Gesichtspunkte für die notwendige weitere Arbeit an dem wichtigen Thema "Ökologie und Dreigliederung des sozialen Organismus" ergeben, auf das sicherlich auch im Rundbrief zurückzukommen sein wird.

Ökonomie und Ökologie1

Die ökologische Katastrophenlage

Das "Ökosystem", die "Biosphäre" der Erde, gerät aus dem Gleichgewicht. Die Schädigungen betreffen die Elemente, die Lebensgrundlage des Menschen sind; diese Grundlage wird durch die Vergiftung der Erde, des Wassers und der Luft bedroht. Auch früher hat sich die Oberfläche der Erde erheblich gewandelt. Karthago war die Kornkammer Roms - heute ist es Wüstenregion. Die Urwälder in Mitteleuropa wurden gerodet. Immer mehr ist an dieser Verwandlung der Erdoberfläche die menschliche Tätigkeit beteiligt, die "Naturbeherrschung". Gerade sie provoziert Katastrophen, an die zuvor keiner je dachte. Daran ließe sich die tiefere Frage knüpfen, welcher Zusammenhang zwischen Menschenwesen und Naturkatastrophen überhaupt besteht.

Die naive Fortschritts- und Technikbegeisterung ist verblichen; vorbei die Zeiten, wo "friedliche Nutzung der Atomenergie" eine positiv besetzte Losung war - und nur der militärische "Mißbrauch" des Atoms problematisiert wurde. Schockartig wurde bewußt, daß der Boden, auf dem sich die Zivilisation bewegt, brüchig geworden ist. 1962 alarmierte Rachel Carsons Buch "Der stumme Frühling" die Öffentlichkeit. Darin wird aufgezeigt, wie das Unkrautvernichtungsmittel DDT wirkt: Am Tod, hier am Verstummen der Vögel, entzündet sich ein Sinn Lebenszusammenhänge, auch wenn damals die Diskussion stark eingeengt war auf die DDT-Kette. Wir bemerken, wie wir die lebendige Natur verbrauchen, um uns als Menschen zu erhalten: als Verbraucher sind wir nicht aufbauend, sondern abbauend tätig. Der Schock läßt moralische Verantwortlichkeit wachwerden: Aber in der Naturanschauung, die wir im Kopf haben, gibt es zu diesem Verantwortungsbewußtsein kein Äquivalent: Die herrschende Naturanschauung ist "anti-essentialistisch", sie sucht nicht wesenhafte Anschauung der Natur, ist damit prinzipiell moralfrei. So sehr das naturwissenschaftliche Denken den Bewußtseinsfortschritt vorangebracht hat, hier liegt seine prinzipielle Begrenztheit. Die ökologische Krise zeigt uns, was geschieht, wenn man die Dinge nicht um ihrer selbst willen betrachtet, sondern "Funktionieren" und "Beherrschbarkeit" in den Vordergrund stellt.

1972 erscheint Dennis Meadows Studie "Grenzen des Wachstums" im Auftrag des von Aurelio Peccei begründeten Club of Rome. 1975 publiziert Herbert Gruhl sein Buch "Ein Planet wird geplündert". Anfang 1980 werden die Grünen als "Anti-Parteien-Partei" auf Bundesebene begründet, seitdem ist das Thema "Ökologie" nicht mehr von der Tagesordnung auch der Politik verschwunden. Wenn auch manches seither erreicht worden ist, eine Wende zum Besseren ist insgesamt nicht in Sicht, eher daß sich in vielen Bereichen die Situation dramatisch verschärft hat. Verstärkt hat sich auch die Ratlosigkeit, ja Resignation. So meinte Meadows 1989, es sei bereits zu spät. Die Verantwortlichen reagierten nur auf bereits eingetretene Schäden2. 1991 erschien ein neuer Bericht
des Club of Rome. Er konstatiert, Moralpredigten hätten die Welt bisher nicht verändert; die einzige treibende Kraft, die Menschen zum Handeln bewegt, sei ihr Egoismus. Man müsse diesen folglich so umfunktionieren, daß er ökologisch wirke. Wie? Indem man ihn über die Generationen ausdehnt! – Der Gedanke an die eigenen Kinder – und was ist mit Singles? – sei ein Motiv, das der Ökologie wenigstens eine minimale Chance gebe.

Die Natur braucht uns...

So hilflos dieses Argument auch erscheint, so wichtig ist es doch, über das Egoismus-Problem als eine Ursache der Situation nachzudenken. Die Entwicklung des Egoismus ist die Schattenseite jenes Prozesses, der zur Befreiung des einzelnen aus jeder Vormundschaft führt bzw. führen soll. Der Egoismus ist so ein Verwandlungsproblem: Nicht die Verwirklichung des Selbst ist das Problem, sondern daß ich mich unverwandelt – mit meinem niederen Selbst – der Welt aufdrängen möchte, statt die Wirklichkeit meines höheren Selbst in der Entwicklung zu suchen, einer Entwicklung, die mich fähiger macht, der Erde und
meinen Mitmenschen zu dienen.

Wir erleben einen radikalen Wandel in der gesamten menschlichen Situation: Die Natur, die so lange allen Anschlägen des Egoismus standgehalten hat, funktioniert als Müllschlucker nicht mehr. So sehr ich mir auch sagen mag, mein weggeworfener Plastikbecher sei nicht die Ursache des Weltuntergangs, so sehr stimmt doch der Satz, daß heute der Bestand der Welt – das, was früher eine Götterangelegenheit war, – real abhängig wird von unserem Verhalten. Die Natur wird nur überleben, wenn wir uns selbst in die Hand bekommen.

Viele bestreiten heute die Möglichkeit einer individuellen ökologischen Verantwortungsethik. Als vor einiger Zeit ein europäischer Dreigliederungsaufruf unter Prominenten kursierte, in dem das Wort von der individuellen Verantwortlichkeit mehrfach vorkam, da reagierten einige gerade deswegen mit Abwehr: Diese sog. individuelle Verantwortung habe uns Millionen PKWs beschert, so C. Améry. Und R. Bahro, Verfasser des Buches "Die ökologische Rettung" war der Meinung, das "abendländische Ich", für ihn eine "herostratische Struktur", funktioniere prinzipiell als Katastrophe. Die letzte Konsequenz hieraus wäre der Versuch, den Funken dieses Ich wieder auszulöschen und die "ionische Sackgasse" des selbständigen abendländischen Denkens wieder zu verlassen.

Er klingt zunächst so plausibel und ist meist so gut gemeint, der Satz: "Die Natur braucht uns nicht, wir brauchen die Natur". Und doch führt er nur zu leicht zur Forderung, den Menschen - als Hauptverursacher der ökologischen Ungleichgewichte - in den Zoo zu sperren, wenigstens stärker an die Kandare zu nehmen. Man hat auch bereits die Forderung gehört, die Erdbevölkerung bis zu einer ökologisch verträglichen Verdichtung zu reduzieren. Von hieraus ist es nicht mehr weit bis zur darwinistischen Begründung der Massenvernichtung. Das Bild einer ohne den Menschen fertigen Natur – in der der Mensch eigentlich nur als Störfaktor in Erscheinung tritt – ist die Letztkonsequenz einer Evolutionstheorie, die den Menschen zum Produkt des Spiels materieller Notwendigkeiten und Zufälle erklärt. Ob man nun das Leben aus der Ursuppe3 entstehen läßt oder – das Problem ein paar Galaxien weiterverschiebend - durch interstellaren Sporenflug auf der Erde anlanden läßt, ist dabei nebensächlich.

Eines ist sicher: Wir können unsere Theorien über die Natur nicht mehr ausprobieren: Die Wirkungen unseres theoriegeleiteten Handelns sind unumkehrbar; wir können nicht experimentell die Folgen des Ozonlochs untersuchen. Das Trial-and-Error-Prinzip, das so lange die Wissenschaftstheorie und -praxis beherrschte, hat ausgedient. Nötig ist heute Handeln aus Einsicht, aus dem Vorausbedenken der Folgen heraus. Nur dasjenige darf ich geschehen lassen, dessen Folgen ich soweit überschauen kann, daß ich sie zu verantworten vermag. Konrad Lorenz und Hoimar von Dithfurth, zwei darwinistisch geprägte ökologische Denker, bemerken, daß das menschliche Vorderhirn eine Art Freiraum bildet; die auf seine Funktionen abgestützten Intelligenzleistungen
seien nicht eindeutig bestimmt. Gerade dieser Freiraum sei für die Natur tödlich und führe zum "Kippen" der Evolution. Die Hoffnung, daß aus der Evolution des menschlichen Hirns selbst etwas Gleichgewicht schaffendes herauskommt, ist trügerisch: Das Denken entzieht sich der Natur, indem es, wie R. Steiner sagt, die Organisation zurückdrängt und sich selbst an ihre Stelle setzt. Hier geschieht nun in der Tat gar nichts mehr von selbst, durch Natur, – alles muß vom Menschen hervorgebracht werden, oder es ist gar nicht vorhanden. Durch diesen Nullpunkt müssen wir alle hindurchgehen – und zugleich gibt es eine verbreitete Angst vor diesem Durchgang. Sie führt dazu, daß man Ursachen und Lösungen für die ökologische Krise nicht im Menschen, sondern in außermenschlichen Instanzen sucht.

Assoziative Wirtschaft: ökologisch und sozial

Heute macht man gerne – und teilweise auch mit einer gewissen Berechtigung – "die" Ökonomie zum Schuldigen, weil sie es sei, die die ökologischen Gleichgewichte so schnell zugrunde richte. Traditionellerweise steht daher die ökologische Bewegung (in der Ahnungslosigkeit über ökonomische Fragen immer noch weit verbreitet ist4) in Gegnerschaft gegen die Ökonomie. Diese Gegenüberstellung von Ökonomie und Ökologie wird aber immer mehr zur Unmöglichkeit: Denn heute ist mehr erforderlich als traditionelle Umweltpolitik im Sinne von "Naturschutz". Es geht nicht bloß um Schutzräume der Natur vor der Wirtschaft, es geht vielmehr um eine sozial-ökologische Form des Wirtschaftens selbst, wenn Ökologie überhaupt eine Chance haben soll.

Ein Umdenken ist hier erforderlich: Gemäß der traditionellen Theorie ist es immer nur der Staat, der der Wirtschaft soziale Grenzen setzt, die Wirtschaft selbst gilt als unfähig, aus sich heraus sozial zu agieren. Ja, es wird dies auch gar nicht als wünschenswert erachtet, ergäbe sich hier doch eine Gefahr für die marktwirtschaftliche Orientierung, die ja das eigennützige Verhalten des einzelnen als "Treibmittel" des Wirtschaftsapparats geradezu fordert.

Sinngemäß muß sich dieses Theorem auch auf die ökologische Seite des Wirtschaftens beziehen. "Die unsichtbare Hand wird grün" – so überschrieb vor
Jahren bereits der Kieler Wirtschaftswissenschaftler Horst Siebert einen Artikel über das Thema "ökologische Marktwirtschaft". Öko-Marktwirtschaft, dies bedeutet, durch staatliche Maßnahmen Profiterwartungen so zu modellieren, daß über den Preis ökologisches Verhalten mit einem Bonus, unökologisches mit einem Malus versehen wird. Das Gute muß billig sein und das Schlechte teuer5. Dadurch soll eine Art "Öko-Effizienz" der Ökonomie hergestellt werden.

Einer der hervorstechendsten Vertreter dieses Konzepts ist gegenwärtig Stephan Schmidtheiny, der Leiter des "Unternehmerrats für dauerhafte umweltfreundliche Entwicklung" ("Business Council for Soustainable Development").6 Dargestellt hat er das Konzept vor allem in dem Bestseller "Kurswechsel" (1992). Schmidtheiny, einer der reichsten Männer der Schweiz, erbte ein großes Aktienpaket der Firma Eternit, die einer der größten
Asbestverarbeiter der Welt war. Er setzte – aus eigenem Antrieb – gegen das gesamte Management der Firma die Verbannung des Werkstoffs Asbest durch. Riesige Investionen in Erforschung und Entwicklung von Ersatzstoffen waren hierfür nötig. Ökologische Rahmenbedingungen für die Ökonomie durch Verordnungen, Gebühren, Steuern usw. zu setzen und das ökologisch Vernünftige für den Unternehmer und auch für den Konsumenten damit interessant zu
machen, ist sicherlich sinnvoll. Aber dieser Wirkensrichtung muß etwas anderes zur Seite gestellt werden, der Versuch nämlich, in der Wirtschaft selber das Richtige zu tun. Das Bewußtsein kann nicht nur aus dem politischen Bereich kommen (wo Schmidtheiny durchaus Partizipation der Bürger am  Entscheidungsprozeß fordert), auch das Wirtschaftsgeschehen selbst muß mit Bewußtsein durchdrungen und von den Beteiligten gestaltet werden.

Der Glaube, daß das Marktgeschehen aus sich selbst in ein Gleichgewicht führt, ist eine Illusion, wie die sich verstärkenden Ungleichgewichte des Weltmarkts zeigen. Marktwirtschaft rechnet nicht mit dem menschlichen Bewußtsein, sondern mit dem Sich-in-Schach-Halten der Egoismen durch die Konkurrenz, mit der Herstellung von Vernunft durch Vernunftlosigkeit. Das paßt sehr gut zu jenem Zeitdruck, der heute immer mehr zum Argument
gemacht wird: "Wenn wir auf das Bewußtsein warten, kommen wir allemal zu spät." "Wir können nicht auf eine Evolution setzen." Im Klartext heißt dies stets: Wir können nicht auf die Einsicht des einzelnen setzen, sondern nur auf vernünftigen Zwang. Bedauernd wird gelegentlich noch hinzugefügt, dies sei eben die Folge des Versagens der Pädagogik und der Theologie. Wobei es meist dieselben Leute sind, die den Zeitdruck erzeugen und dafür sorgen, daß auch heute eine antiquierte Pädagogik und Theologie getrieben werden, die die Einsichtsfähigkeit des Menschen nicht fördern. Das einzige, was den Leuten einfällt, ist der Ruf nach immer mehr und immer neuen Gesetzen. Die Zwangsmittel des staatlichen Gewaltmonopols erscheinen als einzige Ausflucht aus der Krise. Im Extremfall führt dies in die Forderung nach einer globalen Öko-Diktatur, in gemilderter Form nach einer "Rettungsregierung" oder einem "Öko-Sowjet" (Bahro).7

Die Figur ist immer dieselbe: Man will von außen regeln, was von innen nicht geleistet werden kann, und perpetuiert damit gerade jene Initiativ-Schwäche, deren man sich dann als Alibi bedient. Weil das Recht für alle gelten muß, führt jede Regelung auf dem Gesetzes- oder Verordnungswege das Problem mit sich, vom schlechtesten Fall ausgehen zu müssen. Damit lassen sich vielleicht Zustände sicherstellen, nicht jedoch Entwicklungen fördern. Die Stärkung des Staates schwächt, wie schon W. von Humboldt bemerkte, den Menschen. Der Sinn der Menschheitsentwicklung liegt nicht in der Herstellung ökologischer Zustände, sondern in der Entwicklung der Menschen selbst. Die Natur – angelegt auf diesen Punkt Omega – braucht den Menschen, der sein höheres Selbst entwickelt, weil die Schöpfermächte um des Mitschöpfertums des Menschen willen die Schöpfung unvollendet gelassen haben: Jeder Mensch, der sich nicht entwickelt, hat es in der Hand, den "Beweis" anzutreten, daß die Schöpfung umsonst war. Der Apostel Paulus weiß dies, wenn er über das "ängstliche Harren
der Kreatur auf die Offenbarung der Kinder Gottes" spricht.8

Die ökologische Frage sollte uns zum Umdenken über den Sinn des Wirtschaftens veranlassen. Zwar dient alle Wirtschaft dem Verbrauch, doch ist dieser kein Selbstzweck, sondern Bedingung des Menschseins: Menschen müssen durch das, was für den Verbrauch produziert wird, etwas aus sich machen können. Das ergibt erst die Gegenbuchung zur jeweiligen Vernutzung der Naturgrundlage. (Gesamtgesellschaftlich betrachtet ist das Geistesleben Verbraucher, das Wirtschaftsleben Produzent. Und gerade in der Ermöglichung eines freien Geisteslebens findet das Wirtschaften seine Sinnerfüllung.) Weil es um Entwicklung geht, muß Ökologie mehr sein als das Zurück zu einer "gesunden" und "natürlichen" Lebensweise (das Allergesündeste ist bekanntlich der Schlaf). Die Natur (auch unsere eigene leibliche Natur) fragt nicht bloß nach ihrer Erhaltung, sondern danach, wie wir sie für unsere Entwicklung beansprucht haben.

Selbstverständlich: die Umweltbelastung ist heute enorm; dies darf nicht verharmlost werden. Dennoch ist es nicht lebensgemäß, die heutigen Trends  einfach nur hochzurechnen. Wenn es so weitergeht, werden wir den Planeten zerstören, gewiß. Nur wird es eben nicht so weitergehen können. Der Periode extremer ökologischer Belastung kann eine Periode der Erholung des Planeten folgen, wenn ein wirklicher radikaler "Kurswechsel" vollzogen wird.

Verbunden ist ein solcher Kurswechsel notwendigerweise mit dem Übergang zu einer neuen Wirtschaftsform: Wir brauchen Organe im Wirtschaftsleben, die
Gleichgewichte herzustellen in der Lage sind und damit die krebsartigen Wucherungsprozesse in der Ökonomie mehr und mehr zum Stillstand bringen. Solche Organe kann man als Assoziationen bezeichnen. Durch die Pflege objektiven Gemeinsinns in Assoziationen kann sich das Wirtschaftsleben verwandeln: wo heute Angst und Gier regieren, kann die Sorge für den anderen Menschen und für die Natur das entscheidende Motiv des Wirtschaftens werden.

Die Stellung von Forschung und Entwicklung zwischen Geistes- und Wirtschaftsleben und ihre ökologischen Konsequenzen9

In der neueren Technik-Debatte wird gelegentlich darauf aufmerksam gemacht, daß von den drei Entwicklungsfaktoren Klima, Bevölkerungswachstum und Technik der Mensch nur den letzten Faktor wirklich beeinflussen könne. Man müsse den Menschen die Angst vor der technischen Innovation nehmen. Die Stoßrichtung – auch bei manchem grünen Realo – geht in Richtung Überwindung der Technik-Feindlichkeit der ökologischen Bewegung – hin zu Technik- und Marktbegeisterung. Man versteigt sich sogar zu der These, unsere ökologischen Probleme seien allenfalls das Ergebnis der mangelnden Technikentwicklung, in spätestens 30 Jahren seien die Schwierigkeiten überwunden - auf technischem Wege.

In der Tat haben wir es heute mit einer enormen Beschleunigung der technischen Entwicklung zu tun.

Drei große Bereiche der Forschung und Entwicklung sind zu unterscheiden: 1. der Bereich der Grundlagenforschung. 2. Angewandte Forschung. 3. Produktions- und Fertigungstechniken.

Früher war die Grundlagenforschung durch den Staat finanziert, also aus dem Steueraufkommen. Die Ausgaben mußten sich nicht unmittelbar rechnen, es gab keine direkte Ergebnispflichtigkeit. Auch wenn es sich um "Zwangsschenkungen" handelte, die Form der Finanzierung bewirkte doch eine relative Freiheit der Forscher.

In der angewandten Forschung gab es die Situation, daß Erfindungen von einzelnen gewissermaßen noch "über Nacht" möglich waren. Es gab noch den freien Erfinder, der in der Garage am Computer oder anderem bastelte. Die Vorfinanzierungskosten waren klein; über den späteren Ertrag entschied die unternehmerische Verwertung. Entweder verwertete der Erfinder die Sache selbst unternehmerisch, oder er ließ sie patentieren und durch andere verwerten, von denen er die Lizenzgebühren erhielt. Die Finanzierung erfolgte jedenfalls nachträglich, aus Erträgen.

Die Kosten für Produktions- und Fertigungstechnik wurden unmittelbar in die Preise einkalkuliert. Schenkung, Gewinn bzw. Lizenz und Preise waren die drei
Finanzierungsarten.

Verwandlung von relativ freiem in gebundenes Geistesleben

Heute haben wir die Situation, daß die meisten großen Patente frei werden. Damit wird es viel schwieriger, jenen Vorsprung in der Technik zu erreichen, der zur Behauptung am Markt führt. Eine immense Verschärfung der Konkurrenz ist die Folge.

Alles wird komplizierter: Es genügt nicht mehr, die fortschrittliche Technologie zu haben; sie muß im richtigen Moment eingesetzt werden, und nur Nachfolgeerfindungen zum rechten Zeitpunkt sichern den Vorsprung. Die Wertschöpfung erfolgt nun nicht mehr durch Lizenzen, sondern muß durch die Art der Fertigung geleistet werden. Waren früher ganze Produktionsstandorte erst aufzubauen, so werden heute die Nischen zum Überleben rar. Das Verfahren: "Erfinder kündigt und macht eigene Firma auf", ist in der EDV-Branche (wegen der günstigen Zukaufsmöglichkeiten) noch begrenzt anwendbar, insgesamt aber wird es zum Unsinn, für jede Erfindung eine neue Fabrik "auf die Wiese zu stellen".

So nähert sich einerseits die angewandte Forschung der Grundlagenforschung an, die Produktionstechnik andererseits wird mehr und mehr zum  nmittelbaren Anwendungsbereich von Forschung. Unternehmen wie IBM verfügen über größere Forschungsabteilungen als manche Universitäten.

Für die Unternehmen wird die Frage der Erlangung neuer Patente bzw. Erfindungen zum unmittelbaren Konkurrenzproblem. "Arbeitnehmerpatente" lautet ein Stichwort. Die Konzerne sind bestrebt, selber Wissenschaftler einzustellen (z.B. die berühmten "Fellows" bei IBM). Zugleich erfordert die notwendige Forschung Investitionen in einer Größenordnung, die von kleinen und mittleren Unternehmen nicht mehr zu leisten sind, ja selbst die Kooperation der  Riesen" ist häufig nicht ausreichend, so daß man – ganz im Sinne der alten "Stamokap"-Theorie – den Staat zu Hilfe ruft.

Es ist klar, daß dadurch für den einzelnen Forscher eine Situation verstärkten Ergebnisdrucks entsteht. Auch bei einer Finanzierung der Universitäten aus Steuermitteln stehen die Forscher unter einem gewissen Legitimations-, auch Publikationsdruck. Dieser ist jedoch entschieden milder als in einer Situation, wo die Finanzierung nicht mehr Schenkungs-, sondern Investitionscharakter hat, sich also unmittelbar rechnen muß. Die Klagen der Pharmakonzerne über ihre hohen Forschungskosten sind nicht nur zum Handwerk gehöriges Geklapper, sondern reflektieren auch eine reale Schwierigkeit. Für die Forscher gehen auf diese Weise Freiräume verloren.10

Die Verwandlung der Schenkungsverhältnisse des Geisteslebens in eine betriebliche Investition erzeugt Amortisations-Zeitdruck und beschleunigt damit das
Tempo der Entwicklung. Nur, wer mithält, kann mit einer zufriedenstellenden Rendite rechnen. Innovationen, die nicht schnell genug vermarktet werden, entwerten sich rasch. In der Haushaltstechnik beispielsweise rechnet man mit Produktionszyklen von 2-3 Jahren, der Forschungszyklus beträgt aber nur noch 5 Jahre. Ein schnellerer Prozessor ist heute kaum der Öffentlichkeit vorgestellt, da darf man schon an die Vorstellung eines noch schnelleren denken.

Die Hauptprobleme der Produktion sind heute fertigungstechnischer Art. Entwicklung und Fertigungsreife sind aber zwei verschiedene Dinge. Auch an dieser Stelle entsteht gewaltiger Zeitdruck.

Im großen Saal des Patentamts in München sitzen Rentner und Studenten, die für ihre Auftraggeber in den Konzernen die technischen Dokumentationen auswerten. Große Konzerne gehen deshalb aus verständlichen Gründen dazu über, gar keine Dokumentationen mehr zu veröffentlichen und die Forschung ganz in die Unternehmen hineinzuziehen. Aus noch relativ freiem wird auf diese Weise halbfreies, gebundenes Geistesleben.

Es ist unmittelbar evident, daß unter einem derartigen Druck eine ruhige Folgeabschätzung technischer Innovation immer schwieriger, ja unerwünschter wird. Der Fortschritt wird auf diese Weise zum blinden Fortsturz.

Die direkte Einbeziehung der Forschung in die Unternehmen stößt allerdings auch auf Grenzen. Als nachteilig empfindet man z.B. die Vorfinanzierung des Lebensunterhalts der Forscher, wobei es immer auch ein Lotteriespiel ist, ob man auch den "Richtigen" eingestellt hat. So versucht man Wege zur Optimierung der Wissenschaftsnutzung zu finden. Diese können im Kauf ganzer Forschungsinstitute bestehen oder darin, daß man sich solche Institute durch Sponsoring verpflichtet und sich hierfür z.B. Erstnutzungsrechte für Patente einräumen läßt.

Generell wird in der Industrie die Forderung nach Privatisierung der Forschung laut: Forschung soll auftragsfinanziert und praxisnah sein. Die Privatisierung von Universitäten, so sinnvoll an sich eine Entstaatlichung des Geisteslebens ist, hat auch den Aspekt vermehrter wirtschaftlicher und damit auch geistiger Abhängigkeit, der durch das Stichwort "Praxisnähe" mehr verhüllt als offenbart wird.

Andererseits werden – nicht zuletzt durch das Fehlen staatlicher Mittel – im erforderlichen Umfang – auch Uni-Institute von Auftragsforschung abhängig: Institutsdirektoren müssen immer schon den Gesichtspunkt im Kopf haben, was man denn der Industrie zu bieten habe. Das Ergebnis ist der Verlust der Unabhängigkeit, der nebenbei gesagt auch in anderen Bereichen des Geisteslebens zu konstatieren ist (Anzeigenabhängigkeit der Zeitschriften,
Werbeeinnahmen-Abhängigkeit der Fernsehsender).

Wissenschaft wird so zum Büttel der Interessen. Man ruft bereits automatisch nach dem Zweitgutachter, weil Mißbrauchsunterstellungen nur zu naheliegend sind, wo Privatinteressen die Zahlung steuern.

Grenzziehungen sind nötig, um handlungsfähig zu werden

Wir haben es mit einem Verlust der Widerstandskraft des Geisteslebens gegenüber dem Wirtschaftsleben zu tun, einer Situation, die einen eigenen Handlungsspielraum im Geistesleben immer mehr unmöglich macht. Die EG-Harmonisierung des Bildungswesens im Interesse der Märkte läßt in dieser Hinsicht für die Zukunft nichts Gutes erwarten. Wie werden wir wieder handlungsfähig?

Das ist heute die entscheidende Frage. Handlungsfähigkeit erlangen wir offensichtlich nur dann zurück, wenn es gelingt, Trennlinien zwischen Forschung und Wirtschaft zu ziehen. Das Wirtschaftsleben darf nicht vorentscheiden, welche Forschungsvorhaben möglich sind und welche von vornherein am fehlenden Geld scheitern.

Wie läßt sich ein abgetrenntes, unabhängiges Geistesleben finanzieren? U.a. auch dadurch, daß frei vergebene Lizenzen mit einer Nutzungsgebühr versehen sind, die freier Forschung zugutekommt. Da alle angewandte Forschung zu Renditebildungen führt, ist es eine reine Willensfrage, ob wir aus diesen Renditen freies geistiges Leben ermöglichen wollen oder nicht. Im übrigen wäre ein freies Geistesleben auch für die Wirtschaft billiger; wir täuschen uns hierüber, weil wir Forschungs- und Entwicklungskosten nicht richtig, das heißt gesamthaft, bilanzieren.

Handlungsfähigkeit zu gewinnen ist auf der anderen Seite davon abhängig, daß der Kräftigung des Geisteslebens aus dem Wirtschaftsleben etwas entgegenwächst, was den sich spiralförmig verstärkenden Druck der blinden Konkurrenz entspannt.

Im einzelnen Unternehmen ist es heute selbstverständlich, nicht gleich ein ganzes Werk stillzulegen, nur weil ein altes durch ein neues Produkt ersetzt wird. Der wertvernichtende Charakter eines solchen Verhaltens würde sofort buchhalterisch sichtbar. – Im gesamtwirtschaftlichen Maßstab aber ist dieses Verfahren gang und gäbe, weil die dazu notwendige Buchhaltung auf viele Unternehmen verteilt ist: Der Produktionsgewinn für das neue Produkt wird mit dem Verlust für das alte Produkt nicht real verrechnet. Die statistische Erfassung hat für den Handelnden keinerlei Auswirkungen.

Wenn ein weltweit tätiger EDV-Konzern einen neuen Drucker auf den Markt bringen will, wird nicht etwa in dem Werk, in dem die Neuentwicklung erfolgt ist,
auch die Fertigung neu aufgebaut, sondern man sieht weltweit zu, ob es nicht am günstigsten ist, den Drucker in einer bereits bestehenden Fabrik zu fertigen. Innerhalb des Konzerns wird aufgrund von Gesprächen und Erwägungen frei entschieden, was am meisten Sinn macht.

In diesem Sinne gesamtwirtschaftlich zu verfahren, d.h. Gesamtvor- und -nachteile ins Auge zu fassen und zu bilanzieren, Zusammenarbeitslösungen zu finden, – das würde die mit dem Anwendungsdruck verbundenen Kurzschlußgefahren vermindern. Wir kämen zu einem sich selbst steuernden System, das seine Sicherheit von innen her gewährleisten kann, während heute der Sicherheitsschalter von außen betätigt werden muß (Tests und Kontrollen von außen als Schutz unbeteiligter Konsumenten), weil Zeit- und Kostendruck verhindern, daß von vornherein nur das Überschaubare, das Verantwortbare zugelassen wird.

Das Gegenteil ist das heute übliche: Unternehmen rationalisieren; was mit den dadurch freigestellten Arbeitskräften geschieht, hat höchstens den Staat zu interessieren.

Es geht nicht etwa darum, den qualitativen und quantitativen Fortschritt zu beseitigen, es geht vielmehr darum, ihn zu beruhigen, wo aus ihm längst blinder Fortsturz geworden ist. Nur diese Beruhigung kann dazu führen, daß die Folgen des technischen Wandels sozial und umweltbezogen bewältigbar und gestaltbar bleiben.

Heute kommt der Einsatz der Technik prinzipiell zu früh, das Sichbekümmern um die Folgen prinzipiell zu spät. Von einer Erfindung bis zur wirklich angemessenen Arbeitsschutzverordnung im Umgang mit ihr können 10 Jahre vergehen. Sinnvoll wäre dagegen, eine Erfindung erst freizugeben, wenn sie ein entsprechendes "Sicherheitsniveau" aufweist. Heute führt der Konkurrenzdruck dazu, daß Medikamente tendenziell zu früh auf den Markt gebracht werden. Die Patient und Arzt entmündigende Kontrolle von außen, die im Arzneimittelsektor immer wieder Platz greift, hat ihre Ursache z.T. in solchen Verhältnissen, die es dem Konsumenten kaum zu gestatten scheinen, zu einer Entwicklung überhaupt Ja oder Nein sagen zu können.

Kleine und mittlere Unternehmen können Forschung und Entwicklung praktisch nicht finanzieren und werden als Zulieferer in die Zusammenarbeit mit den Großen eingebunden. Große Konzerne werden heute aus Machtgründen aufgebaut. An die Stelle der Machtzusammenballungen müßte ein  ooperationsverhalten treten, das Unternehmen zusammenschließt, ohne Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnisse entstehen zu lassen.

Technisches Know how und "Dritte Welt"

Ein besonderes Kapitel ist die ökologische Problematik im Verhältnis zur Dritten Welt. Dies hat sich deutlich auf dem Umweltgipfel in Rio gezeigt.

Zunächst klingt ja die Forderung sehr plausibel, daß der jeweils ökologisch fortgeschrittenste Stand der Technik Standard sein sollte. Für die Entwicklungsländer hieße das: entweder fortschrittliche Produkte (z.B. FCKW-freie Kühlschränke) in den Industrieländern kaufen oder entsprechende Lizenzen nutzen. Dabei zeigt sich jedoch, daß hiermit zunächst einmal nur die Schuldenkrise der Entwicklungsländer verschärft würde - "Wovon denn?" ist eine berechtigte Frage. So wehren sich die Drittweltländer dagegen, eine Technik zum Standard zu machen, für deren Entwicklung die reichen Länder selbst mindestens 40 Jahre gebraucht haben, und fordern ein eigenes angemessenes "Naturverbrauchspotential". D.h. um auf die Beine zu kommen, wird ein Recht auf ein gewisses Maß an Umweltzerstörung postuliert, es wird über Entwicklungsquoten verhandelt usw. Die Alternative zu diesem fehlerhaften Kreislauf bestünde darin, Know how zu verschenken! Das scheitert heute nur daran, daß dieses Know how betriebswirtschaftlich aktiviert ist. So zeigt sich auch an dieser Stelle, daß es keine Alternative zur Entwicklung assoziativer Zusammenarbeit gibt.

Gegenwärtig werden im Rahmen des GATT bekanntlich Handelshemmnisse im Agrarbereich kritisiert, aber auch Handelshemmnisse durch technische Einfuhrvorschriften, von deren Abbau die Entwicklungländer zu profitieren hoffen – eine wohl trügerische Hoffnung. Hiergegen wehren sich besonders die europäischen Länder. Der verstärkt geplante Schutz des "geistigen Eigentums" gegen "Produktpiraterie" durch das GATT trifft dagegen besonders die Entwicklungsländer.

Notwendig wäre ein Ausbruch aus dem Zirkel der falschen Alternativen. Umweltschutzbedingungen sind berechtigt, auch für Entwicklungsländer, wenn diesen auf der anderen Seite Know how frei zur Verfügung gestellt wird. Wir müssen lernen, Weltwirtschaft als Geflecht von gegenseitigen Abhängigkeiten, aber auch als Gefüge von Chancen gegenseitiger Hilfeleistung zu sehen. Statt abstrakt gegen Protektionismus anzugehen, müssen wir lernen zu bedenken, wo sinnvollerweise jener Schutz gewährt werden muß, ohne den nichts real Lebendiges in bestimmten Phasen seiner Entwicklung überleben kann.

Fußnoten

1 Nach einem Vortrag von U. Herrmannstorfer am 22. Okt. 1992 in Überlingen.

2 Spiegel-Interview, 17. Juli 1989.

3 Das Bild der "Ursuppe" kann andererseits auch als Projektion eines Deindividualisierungswunsches gelesen werden, als Ausdruck von Tendenzen der
Flucht vor der Verantwortung für sich und sein Leben, das Individual isierung mit sich bringt. So dichtete einst Benn: "Oh, daß wir unsere Ur-, Urahnen wären, ein Klümpchen Schleim in einem warmen Moor..."

4 Grüne Umweltminister gaben sich dann mehrfach verwundert darüber, daß sie mit Managern noch am ehesten vernünftig über ökologische Fragen
hätten diskutieren können.

5 Die Frage ist auch die, wo die jeweilige Schmerzgrenze erreicht wird. So würde nach Auffassung mancher Experten erst bei einem Benzinpreis von DM 6,- pro Liter eine nachhaltige Veränderung bewirkt werden ("Der Spiegel", 21. Aug. 1989.)

6 Die Aktivitäten des Councils fanden ein großes Echo, auch beim Umweltgipfel in Rio, wo sich Schmidtheiny in Interviews "verhalten optimistisch" gab. "Sustainable" meint so etwas wie die Generalisierung des Prinzips der Forstwirtschaft: nur soviel Holz schlagen, wie aufgeforstet wird.

7 Bahro sucht die Lösung auf dem Weg einer neuen Einheit von Geistesleben, Staat und Wirtschaft. Dabei läßt er geradezu Altindisches aufglänzen, wobei er nur vergißt, daß sich einige Tausend Jahre Menschheitsgeschichte nicht ungeschehen machen lassen.

8 Die Stelle lautet im Kontext (hier nach der Luther-Übersetzung zitiert): "Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet auf die Offenbarung der Kinder Gottes. Sintemal die Kreatur unterworfen ist der Eitelkeit ohne ihren Willen, sondern um deswillen, der sie unterworfen hat, auf Hoffnung. Denn auch die Kreatur wird freiwerden von dem Dienst des vergänglichen Wesens zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, daß alle Kreatur sehnt sich mit uns und ängstet sich noch immerdar." (Römer 8, 19-22)

9 Nach einem Vortrag von U. Herrmannstorfer beim Netzwerktreffen am 1. Nov. 1992.

10 So wird derzeit beim Pharma-Konzern Hoffmann-Laroche diskutiert, ob man ein Tropeninstitut schließen soll, in dem seit 20 Jahren – bisher ohne das gewünschte Ergebnis – nach einem wirklich durchgreifenden Mittel gegen die Schlafkrankheit gesucht wird