Schlagwort soziale Dreigliederung

Christoph Strawe: Zur Einführung

Überall auf dem Globus regt sich zivilgesellschaftliches Engagement. Menschen nehmen die Verhältnisse nicht mehr einfach hin, sie wollen Beteiligung, suchen nach neuen Wegen des Miteinander freier und mündiger Individuen.

Die vielfältigen gesellschaftlichen Krisen und Probleme hängen mit diesem Streben und den Versuchen, es zu unterdrücken, zusammen. Ohne grundlegende Veränderungen, die es Menschen ermöglichen, selbst ihre Verhältnisse zu gestalten, wird es keine Lösungen für diese Probleme geben. Obrigkeitsstaatliches Gebaren jeder Art ist heute out. Vielmehr muss das kulturelle Potenzial der Zivilgesellschaft zur vollen Entfaltung kommen. Wo der Einzelne sein Grundrecht wahrnimmt, aus eigenem Urteilsvermögen heraus zu handeln, dürfen keine Staatbürokratie und keine politische Mehrheit ihm das verwehren, solange er die Freiheit anderer achtet. Es steht dem Staat nicht zu, Menschen bestimmte Therapierichtungen oder pädagogische Angebote zu verordnen. Denn geistige Kultur lebt heute von der Vielfalt unterschiedlicher Initiativen. Selbstverwaltete Einrichtungen in freier Trägerschaft dürfen deshalb in diesem Bereich keine geduldete Ausnahme bleiben, sondern sollten in jeder Weise gefördert werden.

Zugleich müssen die wirtschaftlichen Probleme angepackt werden. In der gegenwärtige Globalisierung widerspiegelt sich das Zusammenwachsen der Menschheit zu einem weltweiten Geflecht von Arbeitsteilung und Zusammenarbeit. Dieser Prozess vollzieht sich aber heute weitgehend in den Formen eines gnadenlosen Konkurrenzkampfs, auf Kosten sozialer Gerechtigkeit. Der Sozialstaat gerät dadurch unter den Druck einer übermächtigen, nur an der Vermehrung der Kapitalrendite orientierten Ökonomie. Das Wirtschaftsleben wird jedoch letztlich nur gesunden können, wenn es gelingt, Formen der Zusammenarbeit und des Interessenausgleichs aller Wirtschaftspartner zu  entwickeln.

Der Staat wird auf der einen Seite seine Fähigkeit wiedergewinnen müssen, der Ökonomie durch das Recht soziale und ökologische Grenzen zu setzen. Auf der anderen Seite wird er auf alle vormundschaftlichen Eingriffe in das geistige Leben verzichten müssen. Eine konsequente Demokratie muss die Durchsetzung der Menschenrechte im täglichen Leben in den Mittelpunkt alles staatlichen Handelns stellen. Das bedeutet auch, dass es in höherem Maß als heute möglich sein muss, dass Menschen ihre rechtlichen Verhältnisse selbst durch Verträge und Vereinbarungen ordnen

Eine solche „Dreigliederung" des sozialen Organismus wurde vom Grundansatz her bereits in den Jahren 1917 – 1922 von Rudolf Steiner entwickelt. Viele Menschen haben sich seither für eine derartige Veränderung engagiert, mit vielen originellen Beiträgen. Einige von Ihnen kommen hier zu Wort.